Das Bundesvergabegesetz 2017 liegt als Entwurf vor und auch wenn es vermutlich noch die eine oder andere Änderung gibt, so lohnt sich doch bereits jetzt ein genauer Blick. Die auf Vergaberecht spezialisierte Kanzlei Schramm Öhler hat den Begutachtungsentwurf analysiert.
Der Rahmen des neuen Bundesvergabegesetz 2017 war klar: Ganz zentral geht es darum, die Vorgaben entsprechender EU-Richtlinien in das österreichische Gesetz zu überführen, wie zum Beispiel die Verpflichtung, öffentlichen Vergaben in Teilbereichen künftig elektronisch durchzuführen. Das ist aber nicht die einzige Änderung im Gesetz. Die renommierte Rechtsanwaltskanzlei Schramm Öhler hat analysiert. Nach dem Überblick in diesem Newsletter, werden in den nächsten Newsletter einige Punkte im Detail behandelt.
Im BVergG 2017 gibt es eine Reihe von Änderungen. Sowohl beim Anwendungsbereich, den Verfahrensarten, der Berechnung des Auftragswertes oder bei Details zur Eignung gibt es Neuerungen. Ebenfalls lohnt sich der Blick auf die Zuschlagsprinzipien, auf den Bereich der Leistungsbeschreibung und auf den geänderten Verfahrensablauf.
Um als In-House-Vergabe gewertet zu werden und damit nicht unter das BVergG zu fallen, soll es künftig ausreichen, dass nur 80 % der Tätigkeiten des kontrollierten Rechtsträgers für den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber (AG) (oder für andere von diesem beherrschte Rechtsträger) erbracht werden. Zudem darf keine direkte private Kapitalbeteiligung vorliegen (Ausnahme: Private Beteiligung ist nicht beherrschend oder ohne Sperrminorität und ohne ausschlaggebenden Einfluss). Die Verpflichtung zur Ausübung einer ähnlichen Kontrolle über den kontrollierten Rechtsträger wie über die eigenen Dienststellen durch den kontrollierenden öffentlichen AG bleibt hingegen unverändert bestehen. Nun sind jedoch auch ausdrücklich Verträge zwischen Schwestern, Aufträge der Tochter an die Mutter etc. umfasst.
· Anstatt der Unterscheidung zwischen prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen soll zukünftig auf „Besondere Dienstleistungen“ abgestellt werden: z.B. Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialwesen, im kommunalen und kulturellen Bereich, Krankentransporte, Bildung, Gaststätten, Lebensmittel, Detekteien und Sicherheitsdiensten etc. Dafür ist ein frei gestaltbares Verfahren mit mehreren Bietern zulässig, wobei eine EU-Bekanntmachung erst ab EUR 750.000 erfolgen muss. Für alle übrigen Dienstleistungen sollen die bisherigen Regelungen für prioritäre Dienstleistungsaufträge gelten.
Einheitlich für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge soll diese Verfahrensart zukünftig immer dann zulässig sein,
Wenn ein Bedarf nach einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung besteht, welche am Markt (noch) nicht verfügbar ist, so kann der AG Aufträge im Wege einer Innovationspartnerschaft zur Entwicklung eines Produktes mit anschließendem Erwerb vergeben. Dabei werden nach Bekanntmachung ausgewählte geeignete Bewerber zur Abgabe von Angeboten zur Entwicklung einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung aufgefordert. Danach soll über den Auftragsinhalt (Entwicklung und anschließender Erwerb der daraus hervorgehenden Leistung) verhandelt werden.
Es wird nun auf selbständige Organisationseinheiten eines Auftraggebers abgestellt, wobei keine Zusammenrechnung der Vergaben erfolgen soll, wenn diese „selbständig für ihre Auftragsvergabe zuständig“ sind. Für Bauvorhaben unter EUR 5,2 Mio (Unterschwellenbereich USB) gilt: Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach dem Wert des Loses d.h. nach Auftrag (nicht: Gewerk). Somit erfolgt keine Zusammenrechnung von Aufträgen innerhalb eines Gewerks.
Ausschluss wegen Interessenskonflikten von Bietern, deren Interessen die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können (auch Ausscheidensgrund).
Im Oberschwellenbereich wird die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (Standardformular) verpflichtend eingeführt.
Zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist der Mindestumsatz, den der AG vom Unternehmer verlangen kann, nun auch gesetzlich auf das Zweifache des geschätzten Auftragswertes beschränkt (Ausnahme: gewisse Risiken).
Der AG kann den relevanten Referenzzeitraum (3 Jahre für Liefer- und Dienstleistungs-Aufträge, 5 Jahre für Bauaufträge) - soweit dies zur Sicherstellung eines ausreichenden Wettbewerbes erforderlich ist - ausdehnen.
Der Unternehmer muss zur Glaubhaftmachung seiner Zuverlässigkeit (Selbstreinigung) trotz Vorliegens bestimmter Ausschlussgründe nun auch darlegen, dass er neben der (schon bisher erforderlichen) Setzung effektiver Maßnahmen auch den entstandenen Schaden ausgleicht und mit den Ermittlungsbehörden bei der Klärung aller Tatsachen und Umstände aktiv zusammengearbeitet hat.
Bei Erstellung der technischen Leistungsbeschreibung und des Leistungsvertrags ist auf standardisierte Leistungsbeschreibungen (z.B. LB-H) und ÖNORMen (nur) „Bedacht zu nehmen“.
soweit „sachlich gerechtfertigt und angemessen“.
durch AN möglich, aber AG kann (nur) aus sachlich Gründen ablehnen
AN muss Eignungsnachweise vorlegen
keine Zustimmungsfiktion des AG!
Der Zuschlag soll wie bisher auf den niedrigsten Preis nur dann zulässig sein, wenn der Qualitätsstandard der Leistung durch den öffentlichen Auftraggeber in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht klar und eindeutig definiert ist. Der Entwurf sieht jedoch Änderungen in derListe jener Vergabeverfahren vor, für welche das Bestangebotsprinzip jedenfalls verpflichtend gilt. So nunmehr (im Wesentlichen)
Die Umsetzung des Bestangebotsprinzips erfolgt entweder im Wege eines Kostenmodells (= auf Basis eines Lebenszykluskostenmodells) oder des „klassischen“ Bestangebotsprinzips zur Ermittlung des besten Angebotes anhand mehrerer Zuschlagskriterien (inkl. qualitativer Kriterien wie zB ökologischer oder sozialer). Bei der Vergabe bestimmter Leistungen sind qualitätsbezogene Aspekte in der Leistungsbeschreibung, der technischen Spezifikation oder der Eignungs- oder Zuschlagskriterien berücksichtigen. „Feigenblattkriterien“ sind ausgeschlossen.
Pflicht aller öffentlichen Auftraggeber (auch: Gemeinden) zur sicheren elektronischen Kommunikation im Oberschwellenbereich (tw auch USB hinsichtlich Bekanntmachungen und Zurverfügungstellung der Ausschreibungsunterlagen) tritt mit 18.10.2018 in Kraft.
Im Unterschwellenbereich sollen zukünftig für Teilnahmeanträge 14 Tage und für Angebote 20 Tage mindestens vorgesehen werden.
Im Oberschwellenbereich entsprechend für Teilnahmeanträge 30 Tage und für Angebote 30 Tage im offenen Verfahren, im nicht offen Verfahren und Verhandlungsverfahren hingegen 25 Tage.
Eine solche ist in keinem Verfahren mehrvorgesehen. Stattdessen ist eine freiwillige öffentliche Angebotsöffnung, an der alle Bietern teilnehmen können (zB elektronisch via Skype) möglich. Zwingende Verlesung und Protokollierung gilt nun auch hinsichtlich der „in Zahlen ausgedrückten Bieterangaben“.
50%-Klausel für „Unvorhergesehenes“ bleibt. Neu ist allerdings eine Bekanntmachungspflicht im OSB.
Nur unwesentliche Änderungen sind zulässig:
Der AG muss laufende Verträge umgehend kündigen, wenn
Meldepflichten des AG in Baustellendatenbank (BUAK) unmittelbar nach Zuschlag ab einem Auftragswert von EUR 100.000,- betreffend
In Hinblick auf die verkürzten Mindestfristen sollten sich Unternehmer auf raschere Vergabeverfahren einstellen und dazu gerade auf die schnelle und flexible Bereitstellung der Eignungsnachweise Bedacht nehmen.
Besonders Unternehmer, die sich bislang ausschließlich an offenen Verfahren beteiligt haben, sollten sich mit den Besonderheiten des Verhandlungsverfahrens vertraut machen, da dieses zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen wird.