Nachdem wir unlängst „Die 7 besten Tipps für die erfolgreiche Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen“ zusammengefasst und viele positive Rückmeldungen dafür erhalten haben, wollen wir dieses Mal auf die besten Tipps für Auftraggeber:innen und die erfolgreiche Durchführung von Ausschreibungen eingehen. Wieder haben wir die Geschäftsleitung und die leitenden Teammitglieder des ANKÖ befragt und wir konnten Tipps ausgraben, von denen die meisten Auftraggeber:innen garantiert noch nie etwas gehört haben.
Eine gute Vorbereitung vor der Veröffentlichung und die strenge Einhaltung des Bundesvergabegesetzes (BVergG) sind für ein gelungenes Vergabeverfahren besonders wichtig. „Auftraggeber:innen müssen sich ihrer wichtigen Rolle für die Allgemeinheit bewusst sein, denn öffentliche Beschaffung durchzuführen bedeutet Steuergelder auszugeben und ist dadurch mit einer großen Verantwortung gegenüber den Steuerzahler:innen verbunden“, mahnt Emir Prcić, MBA, Geschäftsführer des ANKÖ.
Zu den Zielen des Vergabewesens gehören unter anderen die Erzielung eines marktgerechten Preises und die Zugänglichmachung öffentlicher Ausschreibungen für möglichst viele Marktteilnehmer:innen. Deshalb hat unser erster Tipp mit dem Zustandekommen eines förderlichen Wettbewerbs zu tun.
99,6 % aller österreichischen Unternehmen sind KMU, das sind mehr als 350.000 Unternehmen, die mehr als 2 Millionen Personen beschäftigen. Um einen großen Wettbewerb zu ermöglichen, an dem sich viele KMU beteiligen können, sollten die Bedingungen bei Ausschreibungen möglichst fair gestaltet sein.
Ausschreibungsunterlagen müssen klar strukturiert und einfach zu lesen sein, damit auch kleinere Unternehmen, die keine Rechtsabteilungen haben, und sich schwertun, hunderte Seiten von Unterlangen zu durchkämmen, teilnehmen können. Speziell bei komplexeren Verfahren sollte man den Unternehmen genügend Zeit bis zur Abgabefrist lassen, damit qualitativ hochwertige Angebote abgegeben werden können. „Wenn ich nicht genug Wettbewerb habe, muss ich mich fragen, was der Grund dafür ist. Meistens liegt es an der Gestaltung der Ausschreibungsunterlagen und nicht daran, dass zu wenig Wettbewerber:innen vorhanden sind“, ist Prcić überzeugt.
„Alle auftretenden Probleme sind ein Resultat dessen, was am Anfang, schon vor Veröffentlichung einer Ausschreibung, schiefgelaufen ist“, weiß Mag. Clemens Kuprian, stellvertretender Geschäftsführer des ANKÖ. Ein professionelles Projektmanagement hilft dabei, eine Struktur in das, was vor dem Beginn des eigentlichen Vergabeprozesses passiert, hineinzubringen.
Leistungsbeschreibungen sollten so gestaltet sein, dass im Verfahrensverlauf möglichst wenige Claims, das heißt Abweichungen von der ursprünglichen Leistungsbeschreibung, entstehen. Die zentrale Frage zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen ist daher, wie mit möglichen Änderungen im Projekt umzugehen ist. „Ich muss also als Auftraggeber:in vorausdenken, Risikomanagement betreiben und im Voraus bestimmen, wie auf möglicherweise eintretende Ereignisse zu reagieren ist. Am Ende muss ich mir ansehen, ob ich die nötige Detailtreue erreicht habe, um Unterlagen zu erstellen, welche der Praxis standhalten“, so Mag. Kuprian.
Schon aus den ersten zwei Tipps lässt sich die große Bedeutung einer sorgfältigen Ausgestaltung der Ausschreibungsunterlagen ablesen; das erschließt sich auch aus der Rechtsprechung. Doch auch für den praktischen Ablauf im Vergabeprozess kann die Angabe gewisser Details hilfreich sein.
„Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass Verfahren wesentlich reibungsloser ablaufen, wenn in den Ausschreibungsunterlagen klare Anweisungen für die Handhabung der eVergabe gemacht wurden“, erzählt uns Jakub Balaz, MBA, Leiter der ANKÖ eVergabe+, „das können Anleitungen zur Abgabe, zum Stellen von Fragen oder zu Eignungsnachweisen sein.“ Es ist sogar möglich, den Bieter:innen das ANKÖ-Handbuch als Teil der Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung zu stellen.
Sorgfalt bei der Erstellung von Texten ist auch in Bezug auf die Verwendung elektronischer Portale wichtig. Im ANKÖ Vergabeportal kann man zum Beispiel per Text oder CPV-Codes nach Ausschreibungen suchen. „Ein Rechtschreibfehler kann fatale Folgen haben: dadurch kann es sein, dass unsere Kund:innen die Ausschreibung mit der Textsuche nicht mehr finden,“ erklärt Thomas Vintr, Leiter des Vergabeportals. Das heißt, textlich gesehen sollte man möglichst viele Infos hineinbringen und sich dabei denken: „Wonach könnten die Leute suchen?“ Natürlich müssen auch die richtigen CPV-Codes angegeben werden, weil Kund:innen auch nach diesen suchen. „Lieber den ANKÖ-Support kontaktieren, bevor ein falscher Code in der Ausschreibung landet“, fordert Vintr auf.
Und dann hat Thomas Vintr noch einen einfachen, aber sehr effektiven Tipp für uns, den er in letzter Zeit vermehrt in der Praxis beobachten konnte: „Manche Auftraggeber:innen registrieren sich extra beim Vergabeportal, um zu sehen, wie ihre Veröffentlichung für ANKÖ-Kund:innen aussieht, oder um sich anzusehen, wie andere oder vergleichbare Auftraggeber:innen ihre Ausschreibungen machen.“ Dabei sorgen umfangreiche Filtermöglichkeiten dafür, dass immer vergleichbare Ausschreibungen oder Auftraggeber:innen zu finden sind.
„Immer mehr Auftraggeber:innen erwähnen in den Ausschreibungsunterlagen, dass man es begrüßen würde, wenn der Nachweis der Eignung über die LgU® erfolgen würde, weil das den Ablauf der Prüfung beschleunigt und vereinfacht“, erklärt uns Dana Biedermann, stellvertretende Leiterin der ANKÖ – Liste geeigneter Unternehmen® (LgU).
In der LgU findet alles einen Platz, was das BVergG verlangt und was Auftraggeber:innen brauchen, um ihre Prüfpflichten erfüllen zu können. „Man kann in den Ausschreibungsunterlagen auch erwähnen, dass man die Angabe des ANKÖ-Firmencodes begrüßen würde“, ergänzt Biedermann, „denn mit diesem gelangen Auftraggeber:innen bei der Eignungsprüfung mit nur einem Klick in den Datensatz der jeweiligen Bieterin bzw. des jeweiligen Bieters.“ Dort können schnell und einfach alle hinterlegten Nachweise durchgesehen werden. Falls Daten oder Dokumente fehlen oder nicht aktuell genug sein sollten, kann die Aktualisierung direkt im System veranlasst werden.
Bei unseren nächsten drei Tipps geht es um das Lernen aus Fehlern der Vergangenheit und wie uns die Nutzung ganz simpler Tools dabei helfen kann, sie zu verhindern.
Auf dem Papier mag es gut aussehen, eine Abgabefrist um 23:59 Uhr enden zu lassen, doch in der Praxis kann das zu Problemen führen, da die meisten Abgaben erst kurz vor Ende der Frist stattfinden. Abgabefristen sollten, wenn möglich, in die Supportzeiten des ANKÖ gelegt werden (Montag bis Freitag 08:00 bis 18:00 Uhr), damit Bieter:innen Unterstützung bei der elektronischen Abgabe durch den ANKÖ-Support erhalten können.
Ab einem Auftragswert von € 50.000,- ist für Bundesauftraggeber:innen die Bekanntgabe der vergebenen Aufträge bis spätestens 30 Tage nach Zuschlagserteilung verpflichtend (für Landesauftraggeber:innen gilt dies erst ab dem Oberschwellenbereich). Die gute Nachricht ist, dass die Bekanntgabe einfach und schnell über das ANKÖ-System mittels zugehörigen Formulars erledigt werden kann. Jakub Balaz hat diesbezüglich sogar noch einen Geheimtipp für uns: „Man kann sich über eine Funktion im ANKÖ-System sogar eine Erinnerung dafür setzen lassen. Bei Interesse kann man sich gerne an unseren eVergabe-Support wenden.“
Alle Befragten sind sich einig: Die Ausschreibungsunterlagen sind der zentrale Punkt für eine erfolgreiche Ausschreibung. Je mehr Zeit man in die Erstellung fairer, transparenter, detaillierter und schlüssiger Unterlagen investiert, desto mehr fördert man den Wettbewerb und desto reibungsloser funktioniert das gesamte Verfahren.
Besonders hervorzuheben sind dabei ein professionelles Projektmanagement vor und während der Erstellung der Unterlagen und die Angabe von nützlichen Details, wie zum Beispiel Anweisungen zur Handhabung des eVergabe-Systems.
Die Nutzung von praktischen Tools, wie zum Beispiel die Funktionen für die Bekanntmachung der vergebenen Aufträge und die umfangreichen Features der LgU® für die Eignungsprüfung, hilft dabei, die Abläufe noch fehlerfreier und effizienter zu machen.
Um den Bieter:innen die Möglichkeit zu geben, bei der elektronischen Abgabe Support zu erhalten, sollten Abgabefristen in die Support-Zeiten des ANKÖ gelegt werden. Selbstverständlich ist es von Vorteil, und das sei abschließend als zusätzlicher Hinweis erwähnt, wenn sich Auftraggeber:innen im Vorhinein auch mit den technischen Gegebenheiten der Abwicklung des Verfahrens auseinandersetzen – vor allem mit der Nutzung des eVergabe-Systems – und eventuell auch eine Schulung des ANKÖ in Anspruch nehmen.