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KMU und die Verschärfung beim Interessenkonflikt: Änderungen im BVergG 2017

Geschrieben von Admin | 27.06.2017 10:45:00
Ging es im letzten Newsletter um die Änderungen im Überblick, so zeigt die renommierte Vergaberechtskanzlei Schramm Öhler nun einige Neuerungen im Gesetz im Detail. Zum Beispiel der Umgang mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Änderungen im Verfahrensablauf insbesondere in Hinblick auf erleichterte Eignungsnachweise und verschärfter Bestimmungen zu den Vorarbeiten, geänderte Veröffentlichungsmedien oder die e-Vergabe.
 

Stärkung von KMU

Der derzeitige Gesetzesentwurf sieht eine Aufwertung von kleinen und mittleren Unternehmen („KMU“) vor. Demnach sollen die Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens nach Möglichkeit so erfolgen, dass kleine und mittlere Unternehmen am Vergabeverfahren teilnehmen können (dies ist derzeit nur für Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung vorgesehen). Damit haben es die KMU nun auch in die „Grundsätze des Vergabeverfahrens“ geschafft: Allerdings handelt es sich hier um eine Zielvorgabe - rechtlich durchsetzbar ist diese nicht. 

Erleichterungen beim Eignungsnachweis

Künftig darf ein Unternehmer nicht mehr deshalb ausgeschlossen werden, weil er einen geforderten Eignungsnachweis nicht vorgelegt hat (!) – vorausgesetzt, der öffentliche Auftraggeber kann diesen Nachweis in einer für ihn gebührenfreien Datenbank einsehen.

Zudem muss im Oberschwellenbereich ein Nachweis dann nicht mehr vorgelegt werden, wenn der Unternehmer diesen Nachweis dem öffentlichen Auftraggeber bereits einmal vorgelegt hat – „Once-Only-Prinzip“. Unternehmen, die sich öfters an Vergabeverfahren „großer“ öffentlicher Auftraggeber beteiligen, werden diese Vereinfachung gewiss zu schätzen wissen. Diese Erleichterung gilt aber freilich nur dann, wenn der (in einem anderen Vergabeverfahren vorgelegte) Nachweis noch die erforderliche Aktualität aufweist.

Achtung - Vorarbeiten ausgeweitet!

Neu ist, dass nun bereits die Beratung des öffentlichen Auftraggebers oder jede sonstige Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens in den Bereich der (vergaberechtlich problematischen) Vorarbeiten fallen und vom öffentlichen Auftraggeber Maßnahmen verlangen, damit die Teilnahme des betroffenen Unternehmens (oder mit diesem in Verbindung stehende Unternehmen) den Wettbewerb nicht verzerren.

Kann ein fairer und lauterer Wettbewerb (Grundsatz der Gleichbehandlung!) nicht gewährleistet werden, so ist ein solches Unternehmen von der Teilnahme am Verfahren auszuschließen. Der Ausschluss soll jedoch nur ultima ratio sein – auch hat das betroffene Unternehmen die Möglichkeit das Gegenteil nachzuweisen.

Strenge Regelung zur Vermeidung von Interessenkonflikten

Der öffentliche Auftraggeber hat künftig geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zu treffen, wobei ein Interessenskonflikt äußerst umfänglich definiert wird: Ein solcher liege jedenfalls dann vor, wenn Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder der vergebenden Stelle, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.

Diese Vorgabe stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Compliance bzw. interne Controlling-Maßnahmen des öffentlichen Auftraggebers bzw. der vergebenden Stelle, sondern sollte auch von den sich an Vergabeverfahren beteiligenden Unternehmer bedacht werden, um keine böse Überraschung zu erleben. Denn in Verbindung mit einem ebenfalls neu hinzugekommenen Ausschlusstatbestand muss ein öffentlicher Auftraggeber einen Unternehmer jederzeit vom Vergabeverfahren ausschließen, wenn ein solcher Interessenkonflikt nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen vermieden werden kann.

Alle Ausschreibungsunterlagen bei Bekanntmachung verfügbar!

Eine Bewerbern gewiss äußerst willkommene Neuerung stellt die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers dar, die Ausschreibungsunterlagen zukünftig kostenlos, direkt, uneingeschränkt und insbesondere vollständig zur Verfügung zu stellen, sobald die jeweilige Bekanntmachung erstmalig verfügbar ist. Für zweistufige Verfahren bedeutet dies, dass neben den Teilnahmeunterlagen auch die Angebotsunterlagen bereits bei Bekanntmachung vollständig vorliegen müssen!

Neuerungen bei den Bekanntmachungen

Mit der ersten Novelle zum Gesetz in spe, welche derzeit ebenfalls bereits im Entwurf vorliegt und mit Oktober 2018 in Kraft treten soll, wird das bisherige System der Bekanntmachungen grundlegend geändert werden: So sollen Bekanntmachungen im Oberschwellenbereich sodann zwingend im OGD-Modell (OGD steht für „Open Government Data“) erfolgen. Dazu muss der öffentliche Auftraggeber die Metadaten der Vergabeverfahrenskerndaten auf https://www.data.gv.at/ in einem offenen und maschinenlesbaren standardisierten Format unter einer freien Lizenz vollständig zur Verfügung stellen.

Nach dem vorliegenden Entwurf zum BVergG 2017 soll ein öffentlicher Auftraggeber bis Oktober 2018 freiwillig neben der Bekanntmachung in den schon bisher vorgegebenen Publikationsmedien eine zusätzliche Bekanntmachung im OGD-Format vornehmen können. Zudem werden die öffentlichen Auftraggeber im Vollziehungsbereich des Bundes – so die Novelle tatsächlich in dieser Form beschlossen wird – ab Oktober 2018 zwingend auch im Unterschwellenbereich (ab EUR 50.000,-) sämtliche Aufträge zwingend im OGD-Modell veröffentlichen müssen!

e-Vergabe wird kommen

Die vollelektronische Vergabe wird jedenfalls kommen, doch sind bis Oktober 2018 grundsätzlich nur zentrale Beschaffungsstellen zur e-Vergabe verpflichtet. Ab diesem Zeitpunkt sollen sämtliche öffentlichen Auftraggeber im Oberschwellenbereich die e-Vergabe zwingend anwenden, wobei ausschließlich der Vertragsabschluss ausgenommen sein wird. Für Bewerber und Bieter bedeutet dies, dass insbesondere auch Teilnahmeanträge und Angebote dann nur noch elektronisch abgegeben werden können.

Bis dahin hat der öffentliche Auftraggeber in der Ausschreibung festzulegen, wie die Kommunikation erfolgen soll. Wählt der öffentliche Auftraggeber die elektronische Kommunikation, so hat er Festlegungen hinsichtlich der zu beachtenden Anforderungen an die elektronische Kommunikation zu treffen, wobei die zu verwendenden Kommunikationsmittel und deren technische Merkmale keinen diskriminierenden Charakter haben dürfen, allgemein verfügbar und mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein müssen sowie den Zugang des Unternehmers zum Vergabeverfahren nicht beschränken dürfen.

Praxistipp

Unternehmer sind gut beraten, die neuen Compliance-Vorgaben für öffentliche Auftraggeber (insbesondere betreffend Interessenskonflikte) bei jedem Vergabeverfahren, an dem sie sich beteiligen möchten, bereits im Vorfeld in Hinblick auf ihr Unternehmen zu analysieren, um gegebenenfalls rechtzeitig entsprechende Maßnahmen setzen zu können und so einen Interessenkonflikt – und damit einen drohenden Ausschluss vom Vergabeverfahren – zu vermeiden.

Autoren: Matthias Öhler / Dagmar Malin