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Die wichtigsten Fragen zu den Zuschlagskriterien im Vergaberecht

Geschrieben von Peter Schurr | 09.07.2024 12:35:33

In diesem Artikel finden Sie alles über Zuschlagskriterien, wie sie festgelegt werden und welche Bedeutung sie für Unternehmen und Auftraggeber:innen haben. 

Was sind Zuschlagskriterien?

Das Bundesvergabegesetz 2018 („BVergG“) kennt eine Vielzahl verschiedener Kriterien, die nicht verwechselt werden dürfen. Besonders bedeutsam ist die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Während Eignungskriterien als rein unternehmensbezogene Mindestanforderungen betreffend die Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit an den Bewerber:innen oder Bieter:innen zu qualifizieren sind (man könnte in diesem Kontext von „KO-Kriterien“ sprechen), stellen sich Zuschlagskriterien als angebotsbezogene Kriterien dar, die der Auswahl des Angebots für die Beauftragung dienen. Zuschlagskriterien ermöglichen damit eine „Besser“- oder „Schlechter“-Bewertung von Angeboten. Dies macht eine Gewichtung erforderlich.

Keinesfalls darf es zu einer Vermischung oder einer „Doppelverwertung“ von Eignungs- und Zuschlagskriterien kommen.

Warum sind Zuschlagskriterien wichtig?

Zuschlagskriterien dienen der Auswahl jenes Angebots, das den Zuschlag erhalten soll. Auftraggeber:innen können hier steuernd eingreifen und ihre jeweils verfolgten Zielsetzungen in ein Vergabeverfahren einfließen lassen. Das BVergG unterscheidet dabei zwei grundlegende Ansätze:

  • Wahl des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes (hier wird oftmals vom „Bestbieterprinzip“ gesprochen);
  • Wahl des Angebotes mit dem niedrigsten Preis (gemeinhin bekannt als das „Billigstbieterprinzip“).

Mit anderen Worten geht es um die grundsätzliche Festlegung, ob allein der Preis das entscheidende Kriterium sein soll oder ob für die Auswahl des Auftragnehmers neben dem Preis noch andere (Qualitäts-)Aspekte berücksichtigt werden sollen.

Werden neben dem Preis weitere Kriterien festgelegt (wird sohin das Bestbieterprinzip gewählt) haben Auftraggeber:innen nichtdiskriminierende und mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehende Zuschlagskriterien festzulegen, die im Sinne der Gleichbehandlung keine uneingeschränkte Wahlfreiheit zwischen Angeboten ermöglichen und einen wirksamen Wettbewerb gewährleisten. Der Bietergleichbehandlung und Transparenz kommen damit tragende Rollen bei der Wahl der Zuschlagskriterien zu. Diesen Grundgedanken folgend trifft der Gesetzgeber eine weitere wichtige Anordnung für die Festlegung von Zuschlagskriterien: Sofern nicht das Billigstbieterprinzip zur Anwendung gelangt, müssen in der Regel das Kostenmodell oder die Kriterien für das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot sowie deren Gewichtung in der Ausschreibung klar und eindeutig genannt werden.

Schließlich nicht übersehen werden darf, dass das BVergG in gewissen Konstellationen vorgibt, dass das Bestbieterprinzip zwingend anzuwenden ist. Dies betrifft in der Praxis vor allem Bauaufträge mit einem (geschätzten) Auftragswert über 1 Million Euro sowie Fälle, in denen die Leistungsbeschreibung im Wesentlichen funktional erfolgt.

Diesen Grundsätzen nicht entsprechende Kriterien sind vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar.

Welche Zuschlagskriterien gibt es?

Das Spektrum möglicher Zuschlagskriterien – abgesehen vom reinen Abstellen auf den niedrigsten Preis – ist weit. Diese umfassen:

  • ökonomische Kriterien (z.B. Erhöhung von Haftrücklässen oder der Berücksichtigung von Lebenszykluskosten),
  • soziale Kriterien (z.B. Beschäftigung von Arbeitslosen, Lehrlingen oder älteren Arbeitnehmer:innen),
  • ökologische Kriterien (z.B. Umweltgerechtigkeit, Emissionsreduktion usw.) und
  • technische Kriterien (z.B. Bauzeitverkürzungen, Bewertung innovativer Aspekte usw.).

Bei all den Möglichkeiten ist stets auf die Einhaltung der grundsätzlichen Anforderungen an Zuschlagskriterien, insbesondere auf die Verknüpfung mit den ausgeschriebenen Leistungen, also die Auftragsbezogenheit, zu achten.

In der Praxis zu beachten

Die Anforderungen an die Ausgestaltung rechtskonformer Zuschlagskriterien sind im Sinne der Sicherung eines fairen Vergabeprozesses hoch. Nicht immer sind jedoch die einfachsten Zuschlagskriterien die für ein Projekt am besten geeigneten. Stellt man beispielsweise rein auf die Anschaffungskosten ab, läuft man Gefahr, laufend anfallende Aufwände (z.B. für Wartung, Betrieb, aber auch Entsorgungskosten am Ende eines Lebenszyklus) zu übersehen. Eine Gesamtbetrachtung ist daher regelmäßig zu empfehlen. Zudem können im Rahmen von Zuschlagskriterien wichtige Sekundärzielsetzungen, wie umweltpolitische oder soziale Anliegen, verfolgt werden. Mit detaillierten und klaren Ausschreibungsunterlagen lassen sich die gesetzlichen Anforderungen auch dabei problemlos erfüllen.

Fazit

Zuschlagskriterien sind ein wesentliches Instrument zur Steuerung eines Ausschreibungsprozesses. Die in die Ausarbeitung passender uns rechtsrichtiger Zuschlagskriterien investierte Zeit ist gut angelegt und dient nicht nur den Interessen der Bewerber:innen und Bieter:innen, sondern auch den Auftraggeber:innen.